Wohlklingend, vielfältig aber eher unbekannt – Der aktuelle Stand zu DAB+ in Sachsen

Wie steht es um die Digitalisierung des Radios in Sachsen? Wir haben im Auftrag der Sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM) von Dezember 2017 bis Januar 2018 insgesamt 2.161 Sachsen zu DAB+, UKW und IP-Radio befragt und die Ergebnisse mit einer ersten Studie aus dem Jahr 2016 verglichen.

Dabei zeigt sich eine beeindruckende Entwicklung bei Nutzung, Images, Verbreitung und Zukunftsaussichten der einzelnen Kanäle.

Die Nutzung von DAB+ in Sachsen steigt deutlich

Und zwar um mehr als das Doppelte seit 2016. Damals nutzten 10 Prozent der 14-69-jährigen das Radio über DAB+ innerhalb von 2 Wochen. Anfang 2018 stellten wir eine Steigerung auf 23 Prozent fest.

UKW als Verbreitungsweg unter den 14-bis 69-jährigen hat leicht verloren. Die Nutzung ist seit der letzten Messung in 2016 um 6 Prozentpunkte gesunken und liegt nun bei 80 Prozent.

Stabil geblieben ist ausschließlich der Anteil derer, die Radio über das Internet – also per IP-Radio – konsumieren. Er liegt mit 30 Prozent nur einen Punkt unter dem Ergebnis aus 2016.

In der Gesamtbevölkerung ab 14 Jahren ist UKW mit 79 Prozent immer noch der meistgenutzte Kanal. Danach folgt Radio über IP (26 Prozent). Mit einem Anteil von 19 Prozent hört inzwischen knapp jeder fünfte Sachse innerhalb von 2 Wochen Radio über DAB+.

Unsere Interpretation: Radiosender und Verbreitungswege können voneinander profitieren. Am Beispiel von DAB+ bedeutet das: Je mehr relevante Sender auf dem Kanal zur Verfügung stehen, desto attraktiver wird die Technologie für den Hörer.

Sender wiederum können ihre Relevanz stärken, indem sie auf DAB+ vertreten sind. Vor allem, um in ihrem Zielmarkt keine Hörer an Mitbewerber zu verlieren.

Männer in Sachsen lieben DAB+

Das tun sie mit Abstand. Denn ihr Anteil an den sächsischen DAB+-Nutzern beträgt mit 62 Prozent fast zwei Drittel. Damit teilt sich DAB+ seine Relevanz bei den Männern mit dem IP-Radio, bei dem der Anteil mit 65 Prozent ähnlich hoch ist.

Die UKW-Nutzung kann als geschlechterneutral bezeichnet werden. Der Anteil von Männern und Frauen an der Nutzung der altbekannten Technologie liegt jeweils bei 50 Prozent.

Die Ursachen aus unserer Sicht: Eigentlich sind Frauen Radio-affiner als Männer. Aber Männer in Sachsen haben DAB+ früher für sich entdeckt. Natürlich könnte man hier als Erklärung eine stärker ausgeprägte Technik-Affinität männlicher Hörer unterstellen. Aber das allein wäre zu kurz gegriffen.

Denn auf der anderen Seite bietet DAB+ in Sachsen aktuell viele Programme, die eher auf das männliche Publikum ausgerichtet sind, wie R.SA oder MDR Aktuell.

Große private AC-Sender wie RADIO PSR, Hitradio RTL oder die sächsischen Lokalprogramme wie Radio Dresden fehlen nach wie vor in der sächsischen DAB+-Landschaft.

Sollen Frauen stärker über DAB+ angesprochen werden, müssen hier auch mehr Sender für ein weibliches Publikum stattfinden.

DAB+ ist eine junge Technologie – besonders, was die Nutzer angeht

23 Prozent der Befragten zwischen 14 und 69 Jahren gaben an, DAB+ zu nutzen.

Aber nur 7 Prozent der Senioren – also der über 70-jährigen – haben in unserer Befragung angegeben, innerhalb der letzten 14 Tage Radio per DAB+ gehört zu haben. Und das im Kontext zum eher älter ausgerichteten Programmangebot des im DAB+ landesweit verbreiteten MDR.

Unsere Erklärung: Die klassische Diffusion neuer Technologien. Sie werden nun einmal von jungen Zielgruppen eher angenommen als von älteren.

Bei der Bekanntheit gibt es noch viel Luft nach oben

Fest steht: Die Sachsen sind keine DAB+-Experten. Zirka ein Drittel der Befragten hat noch nie etwas von der Technologie gehört. Wiederum ein Drittel kennt es nur dem Namen nach und kann zu Details der Technologie keine Angaben machen.

Das übrige Drittel der von uns Interviewten weiß „ein wenig“ oder „eine ganze Menge“ über DAB+. Wobei der Anteil Letzterer – also der Experten – bei nur 8 Prozent liegt.

Unsere Einschätzung: Damit mehr Menschen DAB+ nutzen, muss es bekannter werden. Was man nicht kennt, kann man nicht aktiv suchen. Die Konfrontation mit der Technologie wird also momentan eher passiv eingeleitet. Zum Beispiel dann, wenn ein Auto gekauft wird, das über ein DAB+-Radio verfügt.

Ändert sich nichts an der Bekanntheit, wird der Markt sich zukünftig weiter eher linear entwickeln.

Ein Drittel der DAB+-Nutzer sind Fans

36 Prozent derjenigen Sachsen, die DAB+ nutzen, sind davon so überzeugt, dass sie es Freunden oder Kollegen weiterempfehlen würden. Und zwar nicht nur auf Nachfrage, sondern proaktiv.

Ein weiteres Drittel ist zwar zufrieden, aber besteht nicht aus Botschaftern der Technologie. Diese Menschen sind passive Nutzer.

37 Prozent der DAB+-Nutzer sind dem Kanal gegenüber negativ eingestellt.

Unsere Interpretation: Wenn DAB+ gefördert werden soll, müssen mehr Menschen DAB+ erleben, sprich: ausprobieren. Denn die Zahlen zeigen uns, dass, wenn es erst einmal getestet wurde, eine hohe Zufriedenheit die Folge ist.

Die Nutzer von DAB+ sehen zwei große Stärken

Wer DAB+ weiterempfiehlt, tut das zumeist aus zwei Gründen: Klangqualität und Einfachheit der Bedienung. 70 Prozent der DAB+-Hörer schreiben dem Kanal eben diese Vorteile zu.

Unsere Einschätzung: Die perfekte Vorlage für eine Kommunikationskampagne.

Die Sendervielfalt von DAB+ wird als deutlich höher wahrgenommen

Wer DAB+ nutzt, sieht 2018 noch mehr Möglichkeiten eines abwechslungsreichen Angebots. Zwei Jahre zuvor wurde der Aussage „DAB+ hat viele verschiedene Sender verfügbar“ noch von 41 Prozent der Nutzer zugestimmt. In unserer aktuellen Studie stieg dieser Wert um die Hälfte auf 62 Prozent.

Unsere Erklärung: In Sachsen ist die Sendervielfalt über DAB+ im Vergleich zu UKW tatsächlich recht hoch. Bis Ende Januar 2018 konnten in Sachsen 13 nationale Programme, 13 sächsische bzw. mitteldeutsche Programme sowie einige einstrahlende Sender z.B. aus Sachsen-Anhalt über DAB+ empfangen werden.

Ein Schub für die Sendervielfalt war sicher auch die Verbreitung von R.SA über DAB+, was am 15. Februar 2016 startete. Ab 31. Januar 2018 sind nun weitere lokale Programme in Leipzig und Freiberg dazugekommen.

Martin Deitenbeck, Geschäftsführer der Sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien: „Als Landesmedienanstalt freut uns die positive Entwicklung von Digitalradio in Sachsen insgesamt und bestätigt das Potenzial von DAB+ für die sächsische Radiolandschaft. Die Studie zeigt uns jedoch auch, dass sich DAB+ nur dann durchsetzen wird, wenn das Angebot für die Hörer stimmt. Hier haben wir mit der Einführung des lokalen Mux in Leipzig und Freiberg für eine neue Vielfalt gesorgt. Eine positive Entwicklung in diesen Märkten sollte Motivation für die Etablierung eines landesweiten privaten Mux darstellen.“

Eine klare digitale Vision für zukünftigen Radioempfang

Wir haben gefragt, welches die Radio-Empfangskanäle der Zukunft seien. Daraufhin nannten 46 Prozent das Internet-Radio und 30 Prozent DAB+.

UKW wurde von den befragten Sachsen in dieser Hinsicht eine düstere Zukunft prognostiziert. Nur 10 Prozent sahen den Kanal als zukünftig relevant an. Knapp zwei Drittel waren der Meinung, UKW würde in Zukunft an Bedeutung verlieren.

Unsere Meinung: Medienpolitik hin oder her. Radiosender sollten die digitalen Verbreitungswege nicht ignorieren, denn die Bevölkerung erwartet in gewisser Hinsicht, dass ihre Lieblingsprogramme auf allen Kanälen verfügbar sind. Für private Sender bedeutet das durch den Simulcastbetrieb in der Übergangszeit natürlich aber auch höhere Verbreitungskosten, welche erst erwirtschaftet werden müssen.

Die Hörer sind sich bereits heute bewusst, dass IP-Radio und DAB+ die Radiotechnologien der Zukunft darstellen werden.

DAB+ wird wahrscheinlich weiter wachsen – von Dynamik keine Spur

15 Prozent der Sachsen können sich vorstellen, in diesem Jahr ein DAB+-fähiges Radiogerät zu kaufen.

Unsere Interpretation: Wir gehen davon aus, dass sich die Technologie in einer ähnlichen Geschwindigkeit wie bisher entwickeln wird. Vorausgesetzt, die Bedingungen verändern sich nicht in signifikanter Weise.

Ohne neue Angebote werden sich Marktdurchdringung und Entwicklungsdynamik jedoch kaum verändern.

Smart Speaker als Treiber für Radionutzung in Sachsen?

Zwar fanden wir heraus, dass nur 1 Prozent der sächsischen Bevölkerung zurzeit Radio über einen Smart Speaker wie Amazon Echo, Google Home oder Apple Home Pod hört.

Das ist noch nicht viel, hat aber großes Potenzial für die Radionutzung.

Mit 77 Prozent =(29 Prozent mehr + 48 Prozent gleich) geht immerhin ein Drittel der Sachsen davon aus, dass in der Zukunft mehr Radio über Smart Speaker gehört werden wird oder dass sich die Technologie zumindest nicht negativ auf den Radiokonsum auswirken wird.

Unsere Einschätzung: Wir halten es aufgrund der Zahlen durchaus für möglich, dass Smart Speaker den digitalen Radiokonsum unterstützen können.

Zusammenfassung

Die Nutzung von DAB+ steigt in Sachsen weiter deutlich an. Jeder Fünfte hört unterdessen über diesen Kanal regemäßig Radio. UKW hat leicht verloren, bleibt jedoch immer noch mit Abstand der stärkste Verbreitungskanal.

DAB+ wird überwiegend von Männern genutzt. Senioren nutzen den Kanal am wenigsten.

Lediglich 8 Prozent der Sachsen geben an, „eine ganze Menge“ über DAB+ zu wissen.

Dem Empfangskanal werden vor allem drei Attribute zugeschrieben: Klangqualität, Einfachheit der Bedienung und Sendervielfalt.

Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass die Nutzung von DAB+ in gleichem Maße steigen wird, wie in den letzten zwei Jahren. Ebenso sprechen Indizien dafür, dass Smart Speaker in Sachsen ein Treiber für die Radionutzung sein werden.

Studiensteckbrief

  • Repräsentative telefonische Bevölkerungsbefragung in Sachsen
  • Zielgruppe: Deutschsprachige Bevölkerung in Privathaushalten in Sachsen im Alter von 14 und mehr Jahren
  • Feldzeit: Dezember 2017 – Januar 2018 (Abschluss der Feldarbeit vor Start der Small-Scale-Multiplexe in Leipzig und Freiberg) (Feldzeit der 2016er Studie war Feb/Mär 16)
  • Fallzahl: 2.161 (Studie 2016 mit 2.628 Fällen)
  • Stichprobenverfahren: Zufallsstichprobe (Last-Birthday-Schlüssel) auf Basis des ADM Mastersamples, Tagesgleichverteilung